Zweite private Hilfslieferung an die ukrainische Grenze und Aufnahme von 51 Flüchtlingen

Wie vorletztes Wochenende schon, brachen am Freitag, 11.3.2022, 6:30 Uhr erneut auf private Initiative vom in Basel lebenden Stefan Hansen 14 Frauen und Männer in Richtung slowakisch-ukrainische Grenze auf. Dieses Mal bestand der Hilfskonvoi aus sieben Minibussen, beladen mit 4,5 Tonnen Hilfsgütern (Mineralwasser, Kleider, Hygieneartikel, Windeln, Schlafsäcken etc.). Die reine Fahrzeit für die 1'400 km lange Strecke an die Grenze bei Vyšné Nemecké dauerte rund 15 Stunden.

Samstag um 8:00 Uhr fuhren wir zuerst zu einer Lagerhalle unweit der Grenze zur Ukraine und luden dort unsere Hilfsgüter ab. Rund ein Drittel dieser Güter wird an die Flüchtlinge an der Grenze verteilt. Die anderen zwei Drittel werden laufend von pensionierten ukrainischen LkW-Fahrern in die Ukraine gebracht – ein lebensgefährliches Unterfangen.

Nach dem Ausladen fuhren wir direkt an den Grenzübergang. Die Polizei wies uns an, unsere Minibusse am Strassenrand stehen zu lassen und die restlichen 500 Meter zu Fuss zu gehen. Links und rechts der Strasse standen Privatfahrzeuge, kleine und grosse Busse sowie Ambulanzen aus ganz Europa.

Je mehr wir uns dem Grenzübergang näherten, desto mehr Flüchtlinge kamen uns zu Fuss entgegen – alles Frauen oder Mütter mit ihren Babys, Kleinkindern, Töchtern und Söhnen jünger als 18 Jahre, sowie ältere Frauen und Männer über 60. Sie haben nur noch ihr Leben und das Notwendigste was sie selbst tragen konnten – meistens nur ein kleiner Rollkoffer, ein kleiner Rucksack oder Plastiktaschen. Viele der Flüchtlinge wurden von ihren Ehemännern, Vätern oder Söhnen bis an die Grenze gefahren. Sie selber dürfen nicht ausreisen und müssen ihre Heimat mit ihrem Leben verteidigen. Wir wurden Zeugen von herzzerreissenden Szenen - Männer standen am Grenzzaun und winkten ihren Kindern, Ehefrauen, Schwestern und Eltern nach.

Auf der slowakischen Seite der Grenze leisten zahlreiche Hilfswerke und lokale Freiwillige grossartige Hilfe. Sie verteilen Essen, Kleidung und organisieren für die ankommenden Flüchtlinge eine Unterkunft oder die Weiterreise. Es läuft alles sehr ruhig und gut organisiert ab. Es ist eine sehr surreale Situation. Es scheint so, als ob die Menschen vor Ort – Helfer, Flüchtende, Polizisten und Zöllner – es kaum glauben können und immer noch Mühe haben zu begreifen, dass das die neue, traurige Realität ist.

Die unzähligen Dramen und Schicksale, welche ein Krieg unablässig im Sekundentakt produziert, erhalten plötzlich ein Gesicht und einen Namen. Sie heissen Olga, Valery, Natalya, und Ilya.

Zwei Familien mit ihren Privatautos schlossen sich dankbar unserem Konvoi an. Eine andere vierköpfige Familie mitsamt der Grossmutter, welche ein grösseres Madonnenbild vor der Brust umklammerte, lud ich ein, sich mit ihrem alten Renault in unsere Fahrzeugkolonne für die Schweiz einzureihen. Sie beredeten sich kurz und entschieden, lieber in der Nähe der Grenze zu bleiben.

Mit insgesamt 51 Flüchtlingen fuhren wir in Richtung Schweiz los. Einige von ihnen wünschten nach München zu Freunden gebracht zu werden, alle anderen fuhren mit uns weiter. Als sie am Horizont die schneebedeckten Schweizer Berge sahen, brach Jubel in unserem Minibus aus. Alle bedankten sich für die sichere Fahrt und für die Verpflegung. Wir waren froh, dass wir für alle Flüchtlinge, welche in der Schweiz keine Familie haben, eine private Unterbringung organisieren konnten.

Die Verabschiedung war herzlich und die gezeigte Dankbarkeit der Menschen, denen wir geholfen haben, war riesig. Völlig erschöpft und froh, dass alle gut gegangen ist, kehrten wir zurück zu unseren eigenen Familien zurück.

Diese zweite Hilfsaktion wurde ebenfalls durch zahlreiche private Geld- und Sachspenden sowie der finanziellen Unterstützung von Walter Schmid Fundraising & Data AG ermöglicht.

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Persönlicher Rückblick auf den IFC2022

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Unterwegs nach Osten im Einsatz für ukrainische Flüchtlinge